Dienstag, Juni 26, 2007

Raus mit der Sprache

Wo wir gerade beim Internationalen Day des Denglish und dem Verein e.V. sind - der barmherzige Frank-Rock hat mich auf die Zitatsammlung des Vereins e.V. nicht nur hingewiesen, sondern dankenswerterweise auch ein paar Sinnsprüche übriggelassen, die es zwar nicht wert sind, weiter beachtet zu werden, aber what the hey. Ab. Da. Für.

Dr. Max Adenauer (†) (Sohn des ersten Bundeskanzlers; lange Jahre Oberstadtdirektor von Köln)
"Wir brauchten auch bei uns so etwas wie die Académie Française."
Eine "deutsche Akademie" klingt schon unappetitlich genug. Ist die Familie Adenauer auch eine gelungene Persiflage des Absolutismus im 21. Jahrhunderts, so ist weder ein deutscher Kardinal Richelieu in Sicht, noch die dazu passenden drei Musketiere.

Matthias Brodowy (Kabarettist)
"Hinter einem denglisch-babylonischen Sprachgewirr kann man sich wunderbar verstecken, Wissenslücken vertuschen und Kompetenz vorgaukeln."
Hinter deutschem Sprachgeblähe nicht? Aber nicht sie, Brodowy, right? Schließlich kennen wir sie von "Brodowys Bed & Breakfast". Und das sind gleich zwei schlechte Witze auf einmal. Erstens Ihre scheinheilige Art (danke dafür). Und zweitens kennt Sie natürlich niemand.

Peter Hahne (ZDF- Nachrichtensprecher, Fernseh- und Buchautor)
"Man soll die eigene Sprache nicht krampfhaft gegen Einflüsse von außen abschotten, aber auch nicht alles kritiklos übernehmen."
Falscher Verein.

Dieter Hallervorden (Kabarettist)
"Die deutsche Sprache ist nicht nur mein Arbeitsmedium, sondern auch öffentliches Gut und wichtigster Ausdruck unserer Kultur. Sie bedarf deshalb ebenso der Pflege und des Schutzes, wie Wasser, Boden und Luft."
Hallervorden in allen Ehren, doch in seiner Hochphase war mitnichten die deutsche Sprache sein Arbeitsmedium, sondern astreiner Slapstick (sorry: Schlagstock). Inwieweit Vieh und Mensch nicht krepieren, wenn die Sprache nicht "rein" gehalten wird, muß man ihm wohl auch erklären.

Peter Herbolzheimer (Deutschlands bekanntester und bester Bigband-Leiter)
"In Deutschland hat man das Gefühl einer starken Suche nach einer musikalischen Identität, die fehlt."
Der Beste mag er sein, der Herr Herbolzheimer. Warum er allerdings eine Bigband leitet, und keine Großkapelle, ist ihm selber ein Rätsel.
Die musikalische Identität hingegen ist sehr wohl vorhanden, und nennt sich Volksmusik. Viel Spaß beim Musizieren.

Walter Hirche (stellv. Ministerpräsident und Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Landes Niedersachsen)
"Ich halte es mit der alten chinesischen Weisheit, daß die Verwahrlosung des Denkens mit dem falschen Gebrauch der Sprache anfängt."
Nun ist das Chinesische bekanntlich ein Sonderfall - ein eigentlich gleiches Wort anders betont erhält eine völlig andere Bedeutung ("Gebrauch" wird zu "Oralsex" wird zu "Müllabfuhr"). Kann natürlich sein, daß Konfuzius die Globalattacke des US-Imperialismus auf alle anderen Kulturen meinte. Halte ich aber für ein Gerücht (ein dummes).

Thomas Hoof (Gründer und Leiter der Manufactum Hoof und Partner KG)
"Definitiv hinter dieser [Schwachsinns] Grenze bewegen sich inzwischen größere Teile der Werbungstreibenden: Sie sind offenbar dumpf entschlossen, die deutsche Sprache in ein seltsames Gebräu aus falschem Amerikanisch und noch falscherem Deutsch und damit in eine der vielen Pidgin-Varianten des Englischen zu verwandeln."
"Manufactum" hingegen ist korrektes Latein und noch korrekteres Deutsch.

Josef Kraus (Präsident des Deutschen Lehrerverbandes)
"Ein zukunftsfähiges Bildungswesen leistet deshalb gerade in Zeiten der Globalisierung Identitätsstiftung und Orientierung, denn Zukunft ist Herkunft."
Und Schwachsinn macht Sinn. Setzen, 6.

Matthias Matussek (Kulturchef des SPIEGEL)
"Es gibt unwiderlegbare Zusammenhänge zwischen der Bindungskraft einer Nation und ihrem wirtschaftlichen Erfolg."
Nehmen wir einfach mal an, "Bindungskraft" und "Erfolg" würden korrellieren. Zugegeben, das allein ist schon weit hergeholt, läßt sich diese "Bindungskraft" doch schwerlich messen (und folglich sind "unwiderlegbare Zusammenhänge" sogar im Singular erlogen). Doch tun wir kurz so, als handelte es sich nicht um Applaus erheischender Meinungsabfall. Selbst wenn es sich quantitativ erfassen ließe, erinnert dieser brechreizerregende Logiksumpf an die althergebrachte Erkenntnis, daß Fernsehgucken dumm mache. Der Fehler ist der gleiche - eine (pseudo-) wissenschaftliche Untersuchung zeigte, daß ein Zusammenhang besteht zwischen der Menge an Stunden, die ein Kiddie fernsieht, und seiner schulischen Leistung. Was die Untersuchung nicht beachtete, war eine dritte Variable: das Einkommen (vulgo: Schicht) des Elternhauses.

Reinhard Mey (Liedermacher)
"Es führt bei dem Verhalten unserer Medien kein Weg an einer Quote für deutschsprachige Musik vorbei."
Sonst muß der Mey sein klein' Häuschen verkaufen.

Edda Moser (gefeierte Sängerin an der Metropolitan Opera in New York; die von ihr gesungene Arie der Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte ist als Botschaft der Menschen in der Raumsonde Voyager unterwegs)
"Die deutsche Sprache verendet wie ein krankes Tier."
Knapp daneben ist auch vorbei: die deutsche Sprache verendet wie das kranke Tier, das sie ist.

Achim Reichel (Rock-Idol und Volkslied-Sänger)
"An Stelle von identitätsstiftenden Musikprogrammen wird der Hörer im eigenen Land wachsender Sprachentfremdung ausgesetzt, indem er mit angloamerikanischem Allerwelts-Pop überfüttert wird. ... Egal, wo man in unserem Land das Radio anschaltet, es entsteht der Eindruck nicht dort zu sein, wo unsere Sprache zuhause ist."
Kleiner Hinweis, Reichel: Nicht überall ist Hannover. Sakra Saupreiß. (Und der Rock vor Idol ist ein Kleidungsstück?)

Nina Ruge (Fernsehmoderatorin und Autorin)
"Soll Sprache Geist transportieren, muß sie geistvoll sein."
Hui Buh!

Helmut Schäfer (Staatsminister im Auswärtigen Amt a.D.)
"Sie müssen sich doch nur ansehen, wer dieses Geschwafel in unserem Land eigentlich verzapft: Leute, die glauben, sie könnten ihre Halbbildung dadurch steigern, daß sie sich plötzlich nicht mehr auf deutsch ausdrücken."
Immer noch besser als Leute, die glauben, ihre Vollbildung schütze sie vor Dummheit.
Btw: seit wann wird "Geschwafel" "verzapft"? Und schmeckt das?

Lothar von Versen (Kabarettist, satirischer Chansonnier)
"Es gilt, die Deutsche Sprache, die heute nur noch in der schwachsinnigen Schwundform des 'Denglisch' besteht, zu retten."
Der Herr Chansonnier hätt' kein Problem mit Freutsch, will ich meinen. Aber da ist er beim Verein e.V. in guter Gesellschaft.

Ze Do Rock (Schriftsteller)
"Da gibt es eine Münchener Kneipe, die einen 'sandwich mit cheese und bacon' anbietet. Der Wahnsinn, oder?
Ja, lecker.

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