Mittwoch, Juli 04, 2007

1. Internationaler Day des Denglish - Kick An!

Wenn ist das Nunstück Git und Slotermeyer? Ja! Beyerhund das Oder die Flipperwaldt gerspudt!

Letztens, beim Zerlegen diverser Verein e.V. Zitate, habe ich ein ganz besonderes Schmankerl bewußt unterschlagen. Und das liest sich so:
Bastian Sick ("Zwiebelfisch")
"Wer seine Sprache mit Englisch garniert, gibt sich weltgewandt und modern. Und kann sich abgrenzen gegen all jene, die ihn nicht verstehen sollen, weil er in Wahrheit gar nichts mitzuteilen hat."
Ganz im Gegensatz zu jenem Herrn, den der Verein e.V. "Zwiebelfisch" nennt, dessen claim to faim darin besteht, für Deutschland den Oberlehrer zu mimen. Dieser Usurpator eines lupenreinen Schriftsatzbegriffs will uns tatsächlich etwas mitteilen: daß er gar schlauer ist als die anderen. Bravooo.

Und nun, heute, anläßlich des Ersten Internationalen Day des Denglish (I3D), gebührt dieses Zitat des Mannes mit dem denglishen Namen die Ehre, Aufhänger der Feierlichkeiten sein zu sollen.


Verstehe das, wer will.
Kommunikation ist zweckgebunden. Nicht jedes Wort einer Sprache wird von allen Leuten, die diese Sprache von kleinauf sprechen, tatsächlich verstanden. Ginge es also um allgemein verständliche Kommunikation, dürfte man nicht nur keine englischsprachigen Begriffe verwenden, sondern überhaupt keine Fremdworte - und selbst manches genuin muttersprachliche Wort müßte außen vor bleiben.

Wenn nun der Verein e.V. meint, es handle sich um "babylonisches Sprachgewirr", offenbart sich in dieser Aussage bereits die Bigotterie des anti-englischen Ansatzes. In Wahrheit kann man es nicht verknusen, daß amerikanische und britische Kulturimporte häufig höheren Ansprüchen genügen als ihr deutsches Pendant (siehe "Pwned", below).

Dies und der Umstand, daß teils mit Gewalt englische Begriffe verbannt werden sollen, läßt den Schluß zu: Um Verständnis geht es eher nicht.


Reine Sprache
Wer Denglish benutzt, habe nichts mitzuteilen, so Sick. Doch leider, leider gibt es zahlreiche (pseudo-) englische Bereiche des täglichen Lebens, die aus mehr oder minder gutem Grund ihren Weg in die deutsche (Alltags-) Sprache gefunden haben. Teils weil es kein entsprechendes deutsches Wort gibt, teils weil die englische Sprache kürzer und knapper und eleganter ist, teils weil das deutsche Wort einen faden Beigeschmack hinterläßt ("herunterladen"), teils weil der englische Begriff sich durchgesetzt hat (wer hat's erfunden? - siehe "Sonderfall Zwischennetz", below).

Doch nicht allein das Deutsche wird angegriffen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die englischsprachige Welt auf die um sich greifender Germanisierung ihrer Sprache reagiert: Zeitgeist, Blitzkrieg, Schadenfreude, Poltergeist, Bratwurst, Rucksack, Kindergarten, Gesundheit, Doppelgänger, Zugzwang... wann ist Englisch kein Englisch mehr, sondern Gerglish/Germglish/Genglisch? Und wo bleibt die Registered Society of the English Language? Educated guess: don't hold your breath.


Pwned
Musik, Film, Fernsehen - wohin man schaut machen USA und GB zwar nicht alles besser, aber immerhin vieles anders.

Nehmen wir Fernsehen als Beispiel, im Speziellen: Serien. Willkürlich, da das Folgende in ähnlicher Weise auch über die anderen Medien gesagt werden könnte, aber irgendwo muß man ja ansetzen.

Schauen wir zunächst einmal, wie generell Serien in Deutschland gedreht und produziert werden: Es gibt einen Plot (bar jeder Relevanz) mit eindimensionalen Charaktern (die sich zu allem Unterfluß im Laufe der Serie nicht entwickeln). Diese Handlung wird nun in der einfachsten und schnellsten Weise runtergedreht.
Beispiel: Ein Dialog. Die Kamera wechselt zwischen halbtotaler Einstellung zu Beginn des Gesprächs, um dann abwechselnd in halbnaher Einstellung die beiden Redenden abzulichten (wenn man sich überhaupt die Mühe macht, Schnitte zu verwenden). Die Kamera ist immer auf gleicher Höhe mit den Akteuren. Boooring.
(Ausnahmen mag es geben. Aber das wäre dann eben eine Ausnahme. Zudem wäre zu prüfen, ob dieser Einsatz von "außergewöhnlichen" Mitteln einem Zweck dient. Aber das nur nebenbei.)

Nun gilt dies auch für manche amerikanische (und britische) Serie, doch hier begegnet uns etwas, das in Deutschland undenkbar wäre: eine bewußte Wahrnehmung des Mediums Fernsehen, seiner Regeln, Möglichkeiten und Grenzen. Die billigste Form der Fernsehserien, die Daily Soap, nutzt die selben Techniken wie gängige deutsche Serien (nämlich: keine). Für Sitcoms gilt meist ähnliches. Aber alles, was über Daily Soap und Sitcom hinausgeht, ist in vielen Fällen unendlich komplexer.


Sonderfall Zwischennetz
Ich schreib mal (wieder) was, daß man hierzulande nicht gerne liest: das Internet ist keine deutsche Erfindung (soweit mir bekannt ist, spricht Al Gore kein Deutsch). Daß sich hier englische Begriffe durchsetzen, liegt auf der Hand.

Will man sich selber darauf beschränken, aus Prinzip nur auf deutschen Seiten zu surfen (herumzubrettern), könnten deutsche Ersatzbegriffe für WWW-Worte (Internet, Homepage, Link, Site Map, ...) funktionieren. Doch wirklich funktioniert dies nur auf solchen Seiten, die sich sicher sein können, daß ihre Besuchenden genau so das Net benutzen, wie gerade beschrieben (Seiten der Rechtsextremen, versteht sich) - bei allen anderen stellt sich genau dann das "babylonisches Sprachgewirr" ein.


Fin
Worte und Ausdrücke wie Daily Soap und Happy Hour haben aus gutem Grund ihren Weg in die deutsche Sprache gefunden.

Mehr noch, daß einige Medien scheinbar fest in englischsprachiger Hand sind, hat unter anderem damit zu tun, daß im englischsprachigen Raum diese Medien ernstgenommen werden. Es handelt sich in gewisser Weise tatsächlich um eine Hegemonialstellung. Doch darauf zu reagieren wie beleidigte Drittklässler kann schwerlich die Lösung sein. Wie wäre es beispielsweise, einfach ein wenig an der Qualitätsschraube zu drehen? Interessant hierbei, daß dort, wo es geschieht, die beteiligten Kunstschaffenden mit derlei ekligem Nationalismus wie vom Verein e.V. vorgetragen nichts zu tun haben wollen.


Would you like another schnitzengruben?

2 Kommentare:

  1. Auch hier wird der 1.I3D gefeiert!

    Und der Schnurbart-Hasser sollte wenigstens noch als Sponsor gewürdigt werden!

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  2. Sponsoren-Nachtrag gibt's morgen. Aber vermutlich bekommt er ja noch einen Beitrag an den Start, und das toppt dann den Sponsor.

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