Donnerstag, Juni 15, 2006

Psychology 101

Poker ist bekanntlich kein Glücksspiel, sondern pure Psychologie. Ein Beispiel:

Da wir keine Profi-PokerspielerInnen sind, können Fehler passieren. Wie auch anläßlich der Spontanrunde gestern, wo einer der Beteiligten ab und wieder seine Entscheidung revidierte, auszusteigen. Zwei unterschiedliche Situationen waren denkbar:

A) er gibt bekannt, daß er aussteigt, bringt dann aber doch noch den Einsatz, bevor die SpielerInnen nach ihm ihre Entscheidungen (mitgehen, erhöhen, aussteigen) bekannt geben.
B) siehe A, aber er ändert seine Entscheidung erst, nachdem die anderen gehandelt haben.

A geht für mich völlig in Ordnung, B hingegen aus eigentlich nachvollziehbaren Gründen nicht. Soweit das Szenario, nun das Musterbeispiel der angewandten Psychologie:

Fall 1: Habe ein gutes Blatt auf der Hand - einen Flush - und unser Problemspieler zieht Situation B ab. Ich weise ihn darauf hin, daß er nun draußen ist, und nicht mehr rein kann. Alles kein Problem, sieht er ein. Leider verliere ich das Spiel denkbar brutal gegen ein Full House. War unwahrscheinlich, kann aber passieren, aber gerechnet habe ich nicht damit. Egal, weiter.

Fall 2: Einige Spiele später finde ich erneut einen Flush. Unser Problemspieler versucht sich an Situation A. Wir einigen uns darauf, daß das zwar nicht schön anzusehen ist, aber doch noch ein Wiedereinstieg möglich ist, schließlich hat sich an der Rundensituation vor und nach dem Ein- und Ausstieg nichts geändert. Er macht mit, und verliert letztenendes gegen meinen Flush, den ich nun ausnahmsweise nach Hause bringe.

Da erklärt er mir, daß man mir an meiner Reaktion ("Klar, steig wieder ein."), meiner Stimmlage und Körpersprache angemerkt habe, daß ich ein klasse Blatt auf der Hand habe. Ich verweise auf Fall 1, wo es für mich nicht ok war, daß er wieder einsteigt, und darauf meint er: Eben, da wäre mein Auftreten auch drastisch anders gewesen, eben weil ich verloren habe, und das hätte er dann schon vorher gemerkt. Es wäre klar gewesen, daß mein Blatt bei Fall 1 nicht ausgereicht hätte, um zu gewinnen.

Schade nur, daß ich auch bei Fall 1 davon ausgegangen bin, daß ich das Spiel gewinne. Vermutlich unterscheidet dieses psychologische Expertenwissen Profis von Amateuren: wenn man in der Lage ist, seineN GegnerIn besser zu verstehen, als dieseR sich selbst.

4 Kommentare:

  1. tja, da fehlt Dir wohl tatsächlich das für einen profi nötige ein einfühlungsvermögen. auserdem ist derjenige, der einwände gegen "regelverstöße" äußert auch immer schnell in der schussbahn, was jemandem, der einfach still und leise vor sich hinverliehrt nicht passieren kann.
    und genau deswegen (also um nicht weiterhin vor mich hinzuverliehren) werde ich nur noch vor mitternacht pokern, denn nach mitternacht geht mir nicht nur das nicht vorhandene einfühlungsvermögen völlig flöten, sondern auch das zum gewinnen nötige blatt. dabei ist es nicht so sehr das kleiner werden der häufchen, was der spiellust die luft nehmen, sondern eher das mehstündige hoffnungslose warten auf ein erfolgserlebnis.

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  2. Nuja, "Schußbahn" ist übertrieben... rumgeballert wurde dann doch nicht (auch wenn's pokertypisch gewesen wäre).

    Und: Gedult muß man beim Texas Hold'em tatsächlich mitbringen. Schließlich lief es bei mir an besagtem Abend genau umgekehrt: die ersten 2-3 Stunden lief's mies, aber nach Mitternacht... wow.

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  3. Die eigentlich Frage ist doch wohl, warum war ich nicht dabei?

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